#ZeroCovid - Das wird man doch wohl mal umsetzen können. Am besten gestern!
#ZeroCovid - Das wird man doch wohl mal umsetzen können. Am besten gestern!

Der aktuelle Bund-Länder-Beschluss ist eine enorme Enttäuschung. Statt auf dem Weg zum in erreichbare Nähe gekommenen Ziel #NoCovid nochmal auf die Bremse zu treten, wird das seit November vorherrschende Larifari beibehalten.1

Dabei hat sich an diesen Grundfeststellungen nichts geändert:

  1. Das Virus verhandelt nicht.
  2. Das Virus geht nicht auf Kompromisse ein.
  3. Das Virus macht in Deutschland nichts anderes als in anderen Ländern:
    Es überträgt sich von Mensch zu Mensch, wenn es die Chance dazu hat.

Was sich geändert hat, ist das Virus. Es gibt mehrere Variants Of Concern, also besorgniserregende Varianten. Am relevantesten ist VOC-202012/01, auch 20I/501Y.V1, B.1.1.7 oder B117 genannt.2

Innerhalb von wenigen Wochen hat diese ansteckendere Variante im UK, in Dänemark, in Portugal und in Irland die Vorherrschaft übernommen. In den USA rechnet das CDC damit, dass dies dort spätestens im März 2021 passiert sein wird. Warum? Weil sie ca. 35% infektiöser ist und sich leichter verbreitet. Damit sorgt sie ganz nebenbei für einen spürbaren Anstieg der Fallzahlen.

Die Ausbreitung der britischen Mutante von SARS-CoV-2 in Deutschland hat das RKI in einer Ad-Hoc-Erhebung vom 5.2.2021 veröffentlicht. Die geplanten weiteren Veröffentlichungen dazu in der 6., 8. und 10. Kalenderwoche werden den gleichen exponentiellen Anstieg zeigen wie im UK, in Dänemark, in Portugal und in Irland. Bei uns steht das gleiche bevor (siehe Grafik). Und wo? In Schulen und Kitas.

Verstecktes exponentielles Wachstum (aus „Die unsichtbare Welle“, Süddeutsche Zeitung, 5.2.2021)

Daran gibt es keinerlei Vertun: Es wird zwangsläufig dort, wo man öffnet, zu Durchseuchung kommen. Öffnet man die Schulen und Kitas breitflächig, wird es dort zu Ausbrüchen kommen, da eben dort keinerlei Immunschutz vorliegt. Das Konstrukt, was jetzt aufgrund der unfassbaren Lernresistenz der Kultusminister herbeigeführt wird, wird nachstellen, was in Großbritannien im Herbst bereits erlebt hat: Offene Schulen bei einem landesweiten Lockdown3 führen zu einem Anstieg der Infektionen in Schulen. Dies war auf der Insel in den Kalenderwochen 44 bis 50 der Fall, was zu einer Explosion der Fallzahlen in den schulpflichtigen Altersgruppen sowie bei deren Eltern führte.4

Das wäre schon schlecht, wenn es nur die höhere Übertragbarkeit wäre.

Leider mehren sich auch die Anzeichen dafür, dass die Variante auch noch einen schwereren Krankheitsverlauf verursachen könnte.

Downhill GIF - RealHousewivesOfBeverlyHills ItsAllDownhillFromHere WeAreFucked GIFs

„Aber bei Kindern verläuft die Infektion doch immer mild!“

Nein, tut sie nicht.

Todesfälle mit Coronavirus (COVID-19) in Deutschland nach Alter und Geschlecht (Stand: 9.2.2021)

Halten wir fest: Kinder können sich anstecken und sind dann ansteckend. Wenn etwas zu mehr Kontakten führt, führt es zu Ansteckungen. Das ist gerade bei der dominant werdenden Mutante aus Großbritannien unvermeidlich, weil diese eben ansteckender ist. Während die Maßnahmen aktuell ausreichen, den Wildtyp zurückzudrängen, diese aber eben nicht ausreichend gegen die Variante helfen, wird sich der Anteil des Wildtyps reduzieren. Durch das exponentielle Wachstum der der Variante wird ihr innerhalb der Gesamtfälle sehr schnell steigen, und noch vor Ostern wird dies die dominierende Variante werden. Im UK kam es sogar unter den Tier-4-Beschränkungen7 zu einem Wachstum. Um das zu verhindern, müssen wir im Lockdown noch mal eine Schippe drauf legen. Und zum Beispiel #CovidAtWork angehen. Es bleibt beim Konjunktiv.

Unter diesen Bedingungen beschließt die Bund-Länder-Konferenz, dass die Länder selbst entscheiden können, wann die Schulen und Kitas wieder öffnen.

Das ist eine Kapitulation der Bundesregierung.

Stan Facepalm GIF
Stan Facepalm GIF by Life-In-Reverse

Man feiert es jetzt unter Elternvertretern als Erfolg, dass die Grundschulen in die Präsenz zurück gehen. Auch die Kultusminister klopfen sich auf die Schultern. Man kann ja lüften. Für Luftfilter und bessere digitale Bildung war leider kein Geld da. Und kein Wille: So ziemlich alle Anträge werden abgelehnt, weil das Bundesumweltamt den Standpunkt verbreitet, dass das Lüften effektiver wäre und die Filteranlagen bestenfalls als Ergänzung dazu dienen. Kann man machen. „Wir haben doch Klimawandel. Da gibt es keinen Winter mehr.“ Ups!

Was manche Elternvertreter aber darüber hinaus machen, ist gefährlich:

  • Sie beteiligen sich an der Verbreitung von Desinformation. Wenn es um ihre eigene Impfskepsis geht, die bei impfpräventablen Krankheiten mit Herdenimmunität vorwiegend nur ihre eigenen Kinder betrifft, mag das verkraftbar sein. Aber sie verbreiten ihre unwissenschaftlichen Standpunkte mit der Vehemenz der Querdenker – und passenderweise mit übereinstimmenden „Belegen“ (siehe auch unten).
  • Sie fordern wiederholt ein Ende der Maskenpflicht sowohl für Lehrer, Erzieher als auch Kinder:

Ich kann da nur noch den Kopf schütteln. Bildung ja, aber bitte sicher. Und bislang ist dies weder in den Kitas noch in den Schulen systematisch verbessert worden.

Aufgrund des laschen Lockdowns und des parallelen Öffnens wird es aber unvermeidbar (!) eine dritte Welle geben, denn die demnächst vorherrschende Virusvariante breitet sich einfacher aus. Daran ändert auch die Einigung auf eine Inzidenz von 35 Fällen pro 100.000 Einwohnern nicht. Diese berechnet letztlich nur die höhere Ansteckungsfähigkeit der Variante ein.

  • Diese Inzidenz wird gerade wegen der jetzt gegen jedwede Vernunft durchgezogenen Öffnungen nicht erreicht werden.8
  • Die Zahlen wären für eine Eindämmung zu hoch. Aufgrund der Neigung des Virus zur Überdispersion wären Gesundheitsämter lokal doch wieder in der Überforderung, wenn denn Superspreading-Events auftreten.

Wenn man wenigstens noch – wie ursprünglich vorgeschlagen – bis Mitte März durchgehalten hätte, wären die Fallzahlen so weit abgesunken, dass Track-Trace-Isolate zur Eindämmung evtl. wieder hätte ausreichen können. Nebenbei wären dann spürbare Öffnungen möglich gewesen. Angstfreiheit. Gemeinschaft. Aufatmen. All das ist jetzt vom Tisch. #NoCovid ist vom Tisch.9 Stattdessen: weiter Übersterblichkeit, Durchseuchung der Kinder, vermehrt LongCovid auch bei Kids.

Danke für nichts.

Fußnoten:

  1. Dabei sind sich alle ernstzunehmenden Menschen einig, dass in der Arbeitswelt noch Verbesserungspotential besteht, mit dem man ratzfatz für schneller sinkende Fallzahlen sorgen könnte.[]
  2. Was nicht bedeutet, dass die Varianten aus Brasilien oder Südafrika nicht gefährlich wären. Im Gegenteil: Bei ihnen zeigt sich eine so genannte Immune Escape, also eine Abwandlung, bei der der Immunschutz durch überstandene Infektion oder Impfung eingeschränkt ist.[]
  3. Huch, ist das etwas genau die Situation, die die Kultusminister herbeiführen wollen? Irgendwas ohne Lernen.[]
  4. Anfangs nahm man daher voreilig an, die Variante würde sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen besser verbreiten. Das sah aber nur so aus, weil anderswo alles zu war und damit eben die Ausbreitung anderswo eingedämmt war. Jedenfalls eingedämmter als in den Schulen.[]
  5. Mikrothromben sind sehr kleine Blutgerinnsel, die die Kapillaren verstopfen können, also die kleinsten Gefäße im Körper, durch die die Organe mit Sauerstoff und anderen Nährstoff versorgt werden. Verstopfte Gefäße führen zu Organschäden. Für einige davon gibt es bekannte Namen: Hirninfarkt, Herzinfarkt, Niereninfarkt, Lungenembolie.[]
  6. Diese Petition fordert sofortige Impfangebote für das pädagogische Personal in Kitas.[]
  7. Das war das höchste Level an Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 im UK, wurde aber mittlerweile zu einem klaren „Stay at home“ verändert: maximale Kontaktbeschränkung.[]
  8. Immerhin wird auf Wechselmodelle für die jüngsten Kinder gesetzt. Das verringert den Durchschlag, wenn Infektionen auftreten.[]
  9. Und die Kultusminister überschlagen sich gegenseitig mit Lockerungen für die Schulen. Ist Misopädie eigentlich Einstellungsvoraussetzung für dieses Amt?[]
  1. Pingback: Schön, dass wir’s zerredet haben – Die Sockenseite

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