Als Sprecher des Elternbeirats der Kita Kinderhaus am Bürgerbusch in Leverkusen möchte ich, dass ein bereits durch Spenden finanzierter Wasserspielplatz endlich aufgestellt werden kann. Das Geld ist da, der Auftrag wurde eigentlich schon erteilt, aber der Vermieter bremst. Das ist unerfreulich. Elternbeirat und Förderverein haben daher zu einer Unterschriftensammlung aufgerufen. Das Formblatt liegt in der Kita aus und kann heruntergeladen werden.
Was ist denn eigentlich das Problem? Im Garten ist doch reichlich Platz, und das Ding ist sogar finanziert. Dass der Vermieter so herumzickt, ist eine Nebenwirkung der prekären Haushaltslage der Stadt Leverkusen. Wenn man als Kommune nämlich chronisch pleite ist, während einen der Gesetzgeber dazu verpflichtet, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung umzusetzen, baut man die Kitas eben in Öffentlich-Privater Partnerschaft. Zitieren wir doch mal aus einer aktuellen Anfrage an die Stadtverwaltung:
Im Jahr 2012 vereinbarte die Stadt Leverkusen über die WGL Wohnungsgesellschaft Leverkusen mit der Firma HOCHTIEF Solutions Planung, Bau und Betrieb von sechs Kindertagesstätten mit Plätzen für 480 Kinder zur Eröffnung spätestens 2014. Dies sind unter anderem die Kita Feldsiefer Weg (Pariberg), Kolberger Straße (AWO) und Burgweg (Ev. KITA-Verbund). Den Betrieb und die Bewirtschaftung der Immobilien übernahm nach Fertigstellung der sechs Kitas die Niederlassung gemeinsam mit dem Facilitymanagement der Region Nordwest von HOCHTIEF Solutions. Die Laufzeit des Vertrags wurde auf 25 Jahre festgesetzt. Grund für die Realisierung der Bauvorhaben in einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft sei Kostensenkung gewesen.
Nun ist also die Wohnungsbaugesellschaft Leverkusen (WGL) Vermieter. Und die wollen keinen Wasserspielplatz auf dem Gelände. Die Begründung dafür ist allerdings hanebüchen, wie ihr einer Mail entnehmen könnt, die ich an die WGL geschrieben habe:
Als Sprecher des Elternbeirats der Kita Kinderhaus am Bürgerbusch in Leverkusen wende ich mich an Sie wegen Fragen zur leider weiterhin nicht genehmigten Wasserspiellandschaft. Es handelt sich um ein Spielgerät, dass durch Spenden über den Förderverein finanziert wurde. Deshalb waren die Kinder sehr betrübt, als die Nachricht kam, dass die zwischenzeitlich als endlich finanziert gemeldete Wasserspiellandschaft nicht aufgestellt werden darf. Dem Elternbeirat wurden keine genauen Gründe für die Absage mitgeteilt.
Einer von Hrn. Vollmer 1 weitergeleiteten Mail entnehme ich, dass Sie einen drastischen Anstieg des Wasserverbrauchs befürchten. Zu diesem wird es durch die Art der Wasserspiellandschaft und seine pädagogisch begleitete Nutzung nicht kommen: Für die Wasserspiellandschaft der Natur- und Abenteuerschule (siehe http://www.naturundabenteuerschule.de/spielraeume/wasserlandschaften.php) ist ausdrücklich kein Wasseranschluss vorgesehen, geschweige denn ein Warmwasseranschluss.
Beim Wasserspielplatz handelt es sich um einen Aufbau mit einer Stauvorrichtung, um Regenwasser oder das über Eimer, Gießkannen u.ä. heran geschaffte Wasser zurück zu halten. Damit sollen die Kinder spielerisch den sparsamen Umgang mit Ressourcen lernen, was Teil des pädagogischen Konzepts ist. Der Hersteller nuas weist darauf explizit hin: „Dies bedeutet wenig Wasserverbrauch und doch immer hohe Wasserqualität, denn durch den Wassertransport auch in andere Geländeteile wird der Trog immer wieder leergespielt. Wenn Reste im Trog abfließen sollen, können Erwachsene den Stöpsel ziehen.“ Das neben dem aufgefangenen Regenwasser benötigte Wasser würde von im Garten vorhandenen Kaltwasseranschluss entnommen, von dem bislang schon im Sommer für Spielzwecke Wasser entnommen würde, welches aber eben nicht gesammelt und gestaut werden konnte, sondern überwiegend direkt im Sandkasten versickerte. Somit wird sich eher eine Reduzierung des Wasserverbrauchs ergeben als eine Steigerung.
Darüber hinaus kann ich jedoch nach Einsicht in die Verträge für das geplante Projekt gar keine Bestimmungen entdecken, die gegen die konkrete Ausführung sprächen: Im Vertrag sind in §7 Nr. 6 als Medien mit vom Vermieter zugesicherten Garantieverbräuchen ausschließlich Strom und Wärme benannt, worauf unter Nr. 9a Bezug genommen wird. Im Vertrag beziehen sich Garantieverbräuche also nicht auf Kaltwasser. Strom und Wärme werden durch den Wasserspielplatz nicht beeinflusst, und es wird eine gleichbleibende oder eher sogar zurückgehende Kaltwassernutzung geben. Wie kann dies Mehrverbräuche an Strom und Wärme erzeugen, mit denen Sie die Ablehnung begründen? Mit Bezug auf welchen konkreten Vertragspassus halten Sie in diesem Zusammenhang die fortbestehende Ablehnung aufrecht?
Und was kommt als mickrige Antwort? Es gäbe Schriftverkehr zu dem Thema zwischen Oberbürgermeister und WGL, das der Kita vorläge, und mehr äußere man nicht. Funfact: Der Kita liegt kein solcher Schriftverkehr vor. Update: Es gab schließlich gar keinen schriftlichen Austausch, der eben auch nicht der Kita vorgelegt werden konnte. Da fühlt man sich als Bürger doch gleich sehr wertgeschätzt. Und was passiert, wenn man beim Oberbürgermeister nachfragt? Nichts. Nada. Niente. Also genau das, wofür man diesem Politikerdarsteller dankbar sein muss. Update: Er hat doch noch geantwortet. Hat ja nur fast drei Monate gedauert.
Wenn man so dreist abgewimmelt wird, kann man den Schwanz einziehen. Oder die Sache eskalieren lassen. Deswegen habe ich mich im Frühsommer mit einer Journalistin des Kölner Stadtanzeiger unterhalten, deren Beitrag „Eltern empört: Kita in Leverkusen will Wasserspielplatz anschaffen – WGL legt Veto ein“ ihr gerne nachlesen könnt. In der Folge versuchten verschiedene politische Akteure in Leverkusen, die WGL zum Einlenken zu bewegen. Bisher ohne Erfolg. Jetzt ist der Sommer so gut wie durch, und noch immer steht kein Wasserspielplatz im Kitagarten.
Übrigens: Solche Probleme lauern überall da, wo privatwirtschaftliche Unternehmen die Hand in kommunale Sozialaufgaben bekommen. In Leverkusen ist das die Zukunft. Es wurden bereits 10 Einrichtungen mit der WGL gebaut, und angesichts der Haushaltslage werden auch die benötigten weiteren Kitas in ÖPP finanziert werden:
In der Vergangenheit sind insgesamt 10 Tageseinrichtungen für Kinder in der Stadt Leverkusen in zwei Tranchen durch die Wohnungsgesellschaft Leverkusen mbH (WGL) errichtet worden. Es handelt sich um folgende die Tageseinrichtungen für Kinder:
Kolpingstraße 2 Träger: Stadt Leverkusen
Morsbroicher Straße 79 Träger: Stadt Leverkusen
Ringstraße 73 Träger: Arbeiterwohlfahrt Leverkusen
Wuppertalstraße 12 Träger: Stadt Leverkusen
Am Steinberg 23 Träger: Caritasverband Leverkusen
Borkumstraße 3 Träger: Stadt Leverkusen
Burgweg 3 Träger: Evangelische Kirche
Feldsiefer Weg 12 Träger: PariSozial
Pestalozzistraße 7 Träger: Stadt Leverkusen
Kolberger Straße 93a Träger: Arbeiterwohlfahrt LeverkusenDerzeit finden die weiteren Planungen hinsichtlich neuer Tageseinrichtungen für Kinder entsprechend dem Beschluss des Rates der Stadt Leverkusen vom 16.10.2017 zur Vorlage Nr. 2017/1790 „Tageseinrichtungen für Kinder in Leverkusen – Grundsatzbeschluss über Neubau-, Anbau- und Umbaumaßnahmen zur Gewährleistung des Rechtsanspruchs und Erreichung einer bedarfsgerechten Versorgung von Kindern im Alter zwischen einem Jahr bis zum -schuleintritt“ statt. Es ist beabsichtigt, die Umsetzung der Neubaumaßnahmen durch Dritte (Investoren, Freie Träger, WGL etc.) erfolgen zu lassen.
Mit weiteren Nebenwirkungen ist zu rechnen.
Update, 2018-09-12: Zeichen und Wunder. Der OB hat doch noch geantwortet:
Sehr geehrter Herr Ding,
zunächst möchte ich mich für die späte Rückmeldung entschuldigen. Zwischenzeitlich habe ich mich eingehend mit Herrn Mues, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft (WGL), über das Anliegen des Elternbeirats und Fördervereins – Bau eines Wasserspielplatzes – ausgetauscht, welches sowohl Herrn Mues als auch ich grundsätzlich gut nachvollziehen können. Jedoch sind mit einem Wasserspielplatz erhebliche Risiken für die Sicherheit (z. B. Rutschgefahr) und Gesundheit (z. B. Erkrankung durch Legionellen) der Kinder verbunden. Umfangreiche Umbaumaßnahmen wären erforderlich, um diese auszuräumen. Nach Abwägung aller Aspekte kann dem Anliegen daher leider nicht entsprochen werden. Da Herr Mues und ich uns mündlich ausgetauscht haben, kann ich Ihnen hierzu keinen Schriftverkehr zur Verfügung stellen.
Nichtdestotrotz weiß ich Ihr Engagement für die Kindertagesstätte sehr zu schätzen, wofür ich mich herzlich bedanken möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Richrath
Oberbürgermeister
Da frage ich doch gleich mal den Hersteller zu deren Risikobewertung:
Hallo, als Elternbeirat im Kinderhaus am Bürgerbusch versuche ich weiterhin, den Vermieter WGL dazu zu bewegen, das Aufstellen des Wasserspielplatzes auf dem Außengelände zu genehmigen. Heute erhielt ich eine E-Mail des Oberbürgermeisters, der folgende Problemlage schilderte: „Jedoch sind mit einem Wasserspielplatz erhebliche Risiken für die Sicherheit (z. B. Rutschgefahr) und Gesundheit (z. B. Erkrankung durch Legionellen) der Kinder verbunden. Umfangreiche Umbaumaßnahmen wären erforderlich, um diese auszuräumen.“ Wie schätzen Sie die benannten Gefahren ein, welche Erfahrungswerte gibt es aus anderen Kitas, bei denen Wasserspielplätze durch sie aufgebaut wurden?
Eine Antwort habe ich noch nicht erhalten, aber mir wurde heute ein Schreiben der nuas vom März 2018 übergeben, das bereits damals die nun benannten Gründe als vorgeschoben entlarvt. Ich dokumentiere das mal im Volltext:
Sehr geehrter Herr Vollmer,
die ihnen von uns angebotene Wasserspiellandschaft benötigt keinen gesonderten Wasseranschluss, sondern wird durch Kinder und Personal mit Hilfe von Eimern versorgt. Der Wasserverbrauch beträgt zwischen ca. 10 und 50 Liter pro Benutzungstag. Auch innerhalb der Anlage entsteht kein stehendes Wasser, Restwasser kann jederzeit durch einen Abfluss in der Anlage abgelassen werden. Es besteht auch nicht die Gefahr, Wasser in Räume einzubringen, da das Wasser in Sand-,(sic!) bzw. Kiesflächen weit entfernt vom Gebäude versickert. Die gesamte Anlage entspricht der DIN EN 1176 für Spielgeräte und den Vorschriften der Landesunfallkasse NRW.
Dass eine Wasserspielmöglichkeit nicht den Vorgaben an die Qualitäts- und Standartausstattung(sic!) des Fachbereichs Kinder und Jugend der Stadt Leverkusen entspricht, ist erstaunlich. In der bereits im Jahr 1997 erschienen(sic!) Veröffentlichung des Ministeriums für Umwelt und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz „Wasser und Natur erleben“ ist zu lesen: „Da die Faszination von Wasser….außerordentlich stark ist, benötigen Kinder für den Umgang mit Wasser…Spiel- und Gestaltungsmöglichkeiten… Wasser d a s Angebot der Natur, behält seinen festen Platz in ….unserer Welt:“
(„Wasser und Natur erleben“ Ministerium für Umwelt und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz, Mainz 1997)Schon immer hat Wasser Menschen magisch angezogen: alles Leben kommt aus dem Wasser. Schöpfungsgeschichten rund um den Erdball berichten bon einem gemeinsamen Ursprung, der eng mit dem Wasser verbunden ist und beschreiben diesen Urstoff als fruchtbares und Leben spendendes Element.
Ganz besonders für Kinder hat Wasser eine unbändige Anziehungskraft. Seine Ursprünglichkeit, seine Vielfalt und seine Einfachheit machen es als Spielelement unersetzlich: Wasser plätschert, gluckst, transportiert, erfrischt, spritzt, murmelt, rauscht, kann Dinge tragen und untergehen ladsen, läßt sich stauen, kann entspringen, fließen, versickern…ermöglicht nebenher unzählige Lernmöglichkeiten. Neben elementaren(sic!) Erfahren,(sic!) werden Kenntnisse in allen naturwissenschaftlichen Bereichen (MINT-Fächer) in Selbstaneignung gelernt. Effektiver kann Lernen nicht sein. Wasser gehört deshalb unbedingt in das Kita Außengelände(sic!) als Bildungsraum.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Spessart
So weit ich weiß, ist dieses Schreiben der WGL bekannt. Ob der OB ebenfalls belogen wurde oder mit unter deren Decke steckt, ist noch unklar. Das Verhalten der WGL bleibt unmöglich, denn erneut werden hanebüchene Gründe vorgeschoben. Dies verstärkt den Verdacht, dass es entgegen den Aussagen der Stadtverwaltung eben doch Vorgaben von Hochtief gibt, über die sich die WGL nicht hinwegsetzen kann. Oder sie fürchten den Gesichtsverlust, den es bedeuten würde, endlich Vernunft anzunehmen.
Update, 2018-09-15: Ich habe die obige Korrespondenz an die Presse weitergeleitet und dem OB geantwortet:
Danke für ihre Rückmeldung.
Leider lagen Ihnen beim Gespräch mit Hrn. Mues offenbar nicht alle relevanten Informationen vor oder diese wurden ignoriert.
Die Gefahr von Legionellen besteht, wenn Wasser steht und längere Zeit nicht bewegt wird. Da das aufzustellende Modell jedoch nach Verwendung vollständig entleert wird, entsteht innerhalb der Anlage kein stehendes Wasser. Restwasser kann jederzeit durch einen Abfluss in der Anlage abgelassen werden. Die gesamte Anlage entspricht der DIN EN 1176 für Spielgeräte und den Vorschriften der Landesunfallkasse NRW. Die aktuell vorgebrachten Einwände wurden bereits im März 2018 durch ein der WGL bekanntes Schreiben des Herstellers widerlegt (siehe Anhang) 2.
Die WGL bringt immer wieder bereits widerlegte (s.o.) oder gar nicht relevante (wie der Bezug auf vertragliche Garantieverbräuche, die sich laut Vertrag aber nur auf Wärme und Strom beziehen, was bei einem Modell ohne Wasseranschluds obenhin nicht relevant ist) Einwände gegen den Wasserspielplatz vor. Ein stichhaltiges Argument ist bisher nicht dabei. Der Vorwurf der Willkür drängt sich daher weiterhin auf.
Damit ist das Auftreten der WGL für ein öffentlich-rechtliches Unternehmen überraschend bürgerfeindlich. Setzen Sie bitte als Aufsichtsratsvorsitzender dem einen Riegel vor. Ich hoffe weiterhin, dass Sie die WGL zur Kooperation motivieren können.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Ding