Lokalpolitik kann manchmal interessant sein. In der Stadt Leverkusen gibt es derzeit ein spannendes Hin-und-Her-Thema: Geschwindigkeitskontrollen.
Begonnen hat dies damit, dass im Stadtrat wegen gestiegener Zahlen von bei Verkehrsunfällen verletzten oder gar getöteten Menschen über die Anschaffung einer zweiten Radarkamera nachgedacht wurde. Der Bürger- und Umweltausschuss lehnte dies zunächst wegen vermuteter Abzocke ab. Schließlich war der Gedanke in Hinblick auf zusätzliche Einnahmemöglichkeiten für die klamme Kommune geäußert worden. Natürlich wurde auch gleich protestiert, insb. von zwei Abgeordneten von CDU und Grünen. Wenn die Stadt den Kauf von 50 Kameras vorschlagen würde, könne sie sogar auf zehn Millionen Euro Mehreinnahmen kommen, wurde gelästert.
Darauf gab es gleich Zunder von der Bürgerinitiative „Wohnliches Wiesdorf“1, die sich öffentlich fragte, welche PS-Gäule mit den beiden Ratsherrn durchgegangen seien, wobei sie die eigentlich Zielrichtung des Protests gegen die zweite Kamera geschickt ausblendeten. Weiterer Protest richtete sich dagegen, dass das Stadtsäckel damit gefüllt und nicht die erzielten Gelder für den Straßenbau benutzt werden sollte. Andere warfen den Politikern, die die Messorte der zusätzlichen Radarkontrollen wissen wollten, vor, sie wollten nur sich selbst von Strafzetteln schützen. Schließlich kam auch noch ein Seitenhieb gegen eine lokale Migrantenfamilie dazu. Wer nicht gerade im Rat saß, bekam mittlerweile blaue Flecken vom vielen Facepalmen.
Schließlich entschied sich der Finanzausschuss2 für den Kauf einer zweiten, modernen Kamera. Allerdings beschloss man, dass entgegen der Empfehlung von NRW-Innenminister Ralf Jäger, die Kontrollpunkte tagesaktuell zu veröffentlichen, die Messpunkte weiterhin geheim zu halten. Prompt gab es wieder Protest, weil sich das angebliche Ziel, mit den Messungen besonders an Gefahrenstellen kontrollieren und so den Verkehr verlangsamen wolle, natürlich nicht belegen lässt. Jetzt hat die Stadt zumindest eine grobe Liste von Messpunkten veröffentlicht, und schon wird klar, dass es tatsächlich vor allem um Bewohnerschutz in verkehrsberuhigten Bereichen geht. Dumm nur, dass die Liste nur den Politikern im Rat zugänglich gemacht wurde und den Bürger mal wieder im Dunkeln gelassen wird.3
Wie es ohne diese unnütze Energieverschwendung und vor allem ohne völlig überflüssige Geheimniskrämerei gehen kann, zeigt übrigens eine Nachbarstadt: Unter Geschwindigkeitskontrolle in Solingen findet der Bürger alle Kontrollpunkte, hausnummerngenau und bequem nach Stadtteilen und Straßen sortiert. Das nenne ich mal echte Transparenz.
- Fiese Alliterationen gibt es eben nicht nur bei Inka Bause.[↩]
- Nachtigall, du darfst jetzt mit dem Lärm aufhören![↩]
- Die erzieherische Wirkung ist nämlich durchaus schon möglich, ohne dass es erst zum Blitzen und zum Strafzettel kommt.[↩]