Piratenpartei Politik und Gesellschaft

Wahlprüfsteine von Mehr Demokratie e.V. zur Landtagswahl 2022

Übersichtstabelle der Wahlprüfsteine von Mehr Demokratie e.V. zur Landtagswahl NRW 2022

Entlang des Aufrufs „Mitmachen möglich machen!“ hat Mehr Demokratie e.V. sieben Fragen zu den Themen direkte Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz an die Kandidierenden verfasst.  Die Gesamtauswertung der Aktion findet Ihr bei Mehr Demokratie e.V. unter dem Titel „Mitmachland NRW“. Dabei könnt Ihr die ausführlichen Antworten der Parteien miteinander vergleichen. Auch unser Direktkandidat Oliver Ding hat diese Wahlprüfsteine gerne beantwortet. Mehr Demokratie e.V. hat seine Antwort offenbar als sehr stellvertretend empfunden:

Screenshot der Website von Mehr Demokratie e.V.: "Ausführliche Antworten der Parteien auf unsere Wahlprüfsteine Einige Parteien haben uns auf unsere Wahlprüfsteine allgemeine Antworten zukommen lassen. Diese stellen wir hier dar. Da wir nicht ausdrücklich danach gefragt haben, liegen nicht von allen befragten Parteien allgemeine Antworten vor. Daher haben wir mit exemplarischen Antworten gearbeitet. Für die Antworten der Grünen haben wir exemplarisch die Formulierungen von Astrid Vogelheim und Siedi Serag verwendet, da diese weitestgehend identisch waren. Exemplarisch für die FDP sind die Antworten von Andreas Terhag und Daniel Winkens aufgeführt, da sie ein gemeinsames Dokument eingereicht haben. Die Parteiantworten der Piraten sind eine Zusammenführung der Antworten von Oliver Ding und Viktor Schütz, da auch diese nahezu die gleichen Formulierungen verwendet haben."

Sind Sie dafür, Themenausschlüsse bei Bürgerbegehren zu streichen?

Ob für bessere Radwege, gegen Schulschließungen oder für den Erhalt des örtlichen Schwimmbades: Überall in NRW bringen sich Menschen mit direktdemokratischen Initiativen auch abseits von Wahlen in ihrer Stadt oder Gemeinde ein. Viele Themen dürfen aber gar nicht erst Gegenstand von Bürgerbegehren sein. Den Bürgerinnen und Bürgern wird dadurch dieses wichtige Mitbestimmungsinstrument beschnitten. Andere Bundesländer wie Bayern, Berlin oder Hamburg kennen kaum Themenausschlüsse bei Bürgerbegehren.

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Kommunalpolitische Entscheidungen betreffen die Menschen vor Ort oft hautnah. Der Radweg auf meiner Straße, der Park in meinem Viertel oder die Umgestaltung des Platzes um die Ecke sind Themen und Projekte, wo Menschen Ideen entwickeln und sich einbringen können. Dieses Potenzial sollte genutzt werden und nicht beschnitten. Wir PIRATEN unterstützen Bürgerbegehren als Instrument der direkten Demokratie und setzen uns ein für eine frühzeitige Aktivierung des bürgerschaftlichen Engagements und der demokratischen Teilhabe am Gemeinwesenentwicklungskonzept. Für alle Themengebiete sollte auf kommunaler Ebene Mitbestimmung möglich sein. Wir wollen politische Partizipationsmöglichkeiten von Einwohner:innen auf Landes-, regionaler und kommunaler Ebene ausbauen und Hürden für bürgerliche Mitbestimmung senken.

Sind Sie für eine Streichung des Zustimmungsquorums bei Bürgerentscheiden?

Regelmäßig sorgt das sogenannte Zustimmungsquorum bei Bürgerentscheiden für Frustration in der Bevölkerung. Es besagt, dass ein Bürgerentscheid nur gültig ist, wenn zusätzlich zur Mehrheit auch eine bestimmte Anzahl an Menschen für einen Bürgerentscheid stimmt. Immer wieder scheitern deshalb Bürgerentscheide trotz klarer Mehrheiten von 60 oder gar 70 Prozent Zustimmung. Diese Regelung führt zur paradoxen Situation, dass am Ende diejenigen entscheiden, die einer Abstimmung fernbleiben und nicht andersherum.

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Das Quorum stellt bei kommunal ohnehin geringer Beteiligung an Wahlen ein demokratiewidriges Hindernis dar. Kommunalwahlen werden bei niedriger Wahlbeteiligung ja auch nicht für gescheitert erklärt. Die PIRATEN wollen Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide auf kommunaler und Landesebene senken.

Aus unserer Sicht wird die Möglichkeit von Bürgerentscheiden zu selten oder nur ineffektiv genutzt. Bürgerentscheide sollten nicht am Zustimmungsquorum scheitern. Wir sehen hier aber auch Verbesserungsbedarf bei der Verbreitung von Information. Wir setzen uns deshalb auch dafür ein, Bürger:innen früher als bisher in die Planung von Projekten eingebunden werden. Insbesondere bei öffentlichen Bauvorhaben wird die breite Öffentlichkeit oft erst in den wenigen Wochen der Einspruchsfrist im Planfeststellungsverfahren mehr oder weniger umfassend informiert. Wir fordern seitens der Stadtverwaltungen die aktive Bürger:inneneinbindung ab Beginn der Planungen.

Sind Sie für eine Reduzierung der Unterschriftenhürde bei Volksbegehren auf zwei Prozent?

In Nordrhein-Westfalen liegt die Unterschriftenhürde bei einem Volksbegehren bei acht Prozent der Wahlberechtigten, die sich innerhalb eines Jahres eintragen müssen. Absolut gesehen sind das knapp 1,1 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Diese hohe Hürde sorgt dafür, dass eine erfolgreiche Unterschriftensammlung in einem so großen Land wie NRW derzeit kaum möglich ist. Deshalb fordern wir eine Absenkung der Unterschriftenhürde auf zwei Prozent der Wahlberechtigten.

Ja [x]   Vielleicht  [ ]   Nein [ ]

Wir PIRATEN setzen uns grundsätzlich dafür ein, Volksinitiativen zu stärken und Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide zu senken und politische Partizipationsmöglichkeiten von Einwohner:innen auf Landes-, regionaler und kommunaler Ebene zu erhöhen.

Die Hürde für das Sammeln von Unterschriften ist zu hoch. Dies ist auch bei der notwendigen Vorlage von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge eine unser Einschätzung nach demokratiewidrige Hürde, die die Gleichheit der Wahl beeinträchtigt.

Sind Sie für eine Abschaffung des Finanztabus bei Volksbegehren?

In Nordrhein-Westfalen sind Volksbegehren zu Fragen, die den Landeshaushalt berühren, nicht zulässig. Da so gut wie jedes Volksbegehren finanzielle Auswirkungen hat, steht den Bürgerinnen und Bürgern das Instrument des Volksbegehrens de facto nur auf dem Papier zur Verfügung, in der Praxis können sie es nicht anwenden. Dabei machen andere Länder vor, dass es auch ohne Finanztabu geht.

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Wir wollen, dass Barrieren von und bei Volksbegehren abgesenkt werden. Dies muss gerade auch auf Landesebene umfassender genutzt werden können. Das Finanztabu ist dabei eine nicht zu rechtfertigende Hürde. Es ist längst Zeit, das Versprechen des Artikels 20 des Grundgesetzes auch auf Landesebene zu erfüllen, wonach Bürger:innen die Staatsgewalt nicht nur in Wahlen, sondern auch in Abstimmungen ausüben. Die direkte Demokratie kann die Politik erheblich bereichern und die Politikverdrossenheit eindämmen.

Zudem sollten verpflichtend Bürgerhaushalte der Kommunen und des Landes eingeführt werden, damit bürgerliche Mitbestimmung für Teilbereiche des Haushalts Gewohnheit wird und auch Volksvertreter erleben, dass Bürger verantwortlich mit Finanzmitteln umzugehen wissen.

Werden Sie sich im Landtag für die Durchführung von landesweiten, gelosten Bürgerräten einsetzen?

Demokratie lebt von Meinungsvielfalt und der Beteiligung möglichst vieler Menschen. Ein geeignetes Mittel dafür sind per Losverfahren zusammengesetzte und zeitlich begrenzte Bürgerräte. Sie stellen in ihrer Zusammensetzung einen Querschnitt der Bevölkerung dar und lassen auch die Stimmen zu Wort kommen, die sonst in der Politik weniger oder gar nicht gehört werden. 

Bürgerräte beraten das Parlament, sie treten nicht in Konkurrenz zu diesem. So übermittelt ein Bürgerrat Empfehlungen zu einem bestimmten Thema an den Landtag. Die endgültige Entscheidung treffen nach wie vor die Abgeordneten. 

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Parlamente sind leider sehr mit Berufpolitiker:innen besetzt und es fehlt an Diversität. Geloste Bürger:innenräte könnten mit ihrer beratenden Funktion eine gute Ergänzung für eine repräsentative Demokratie sein. Bürgerräte sind aber kein Ersatz für echte Plebiszite. Mit Bürgerräten wurde bislang die Suggestion von Einflussmöglichkeiten ohne die tatsächliche Kraft der Einflussnahme umgesetzt, die möglicherweise eine bestehende Macht allzusehr erschüttern könnten. Denn die Teilnehmer der Bürgerräte wissen zum Teil gar nicht genau, woran sie beteiligt werden, und mit welchen Handlungs- und Machtoptionen sie nun tatsächlich ausgestattet sind.

Sind Sie für die Einführung eines Transparenzgesetzes nach Hamburger Vorbild?

Nordrhein-Westfalen hat, wie elf andere Bundesländer, ein Informationsfreiheitsgesetz. Dieses Gesetz basiert auf dem Prinzip, dass Bürgerinnen und Bürger einen Antrag stellen und eine Gebühr bezahlen müssen, wenn sie eine bestimmte Information erhalten möchten. Das ist mühselig, teuer und nicht immer erfolgreich. Deshalb braucht es ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild. Ziel ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Informationen einfacher zugänglich zu machen. 

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Ein Informationsfreiheitsgesetz, das de facto dazu führt, dass Informationen  weiter unfrei bleiben oder der Erhalt von Informationen der öffentlichen Hand vom Geldbeutel abhängt, entspricht nicht meinen Vorstellungen von Transparenz.

Wir unterstützen die Schaffung transparenter Strukturen, um das Vertrauen in Politik und Verwaltung zu stärken. Grundsätzlich soll das Informationsrecht der Bürger:innen hin zu einer Informationspflicht der Verwaltung entwickelt werden. Deshalb wollen wir ein Transparenzgesetz für NRW einführen. Dabei wollen wir Transparenz umfassend verstanden wissen und grundsätzlich alle Dokumente der Verwaltung öffentlich zugänglich machen, sofern nicht Gründe des Datenschutzes, der öffentlichen Sicherheit oder finanzielle Interessen des Landes dagegen sprechen. Das Wissen und die Informationen sollen der gesamten Gesellschaft zugutekommen; zudem wollen wir auch dafür sorgen, dass öffentliche Daten weiter genutzt und verarbeitet werden können. Um Innovationen, Journalismus und bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen, wollen wir die Bereitstellung von öffentlichen Informationen als OpenData nach den “Open Data Principles” im Transparenzgesetz festschreiben.

Sind Sie für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters samt legislativem Fußabdruck?

Es gehört zum Wesen einer funktionierenden Demokratie, dass Bürgerinnen und Bürger, Verbände und Vereine sowie Unternehmen ihre Interessen gegenüber der Politik artikulieren können. Findet Interessenvertretung jedoch intransparent oder hinter verschlossenen Türen statt, stellt dies eine Gefahr für die Demokratie dar. Insbesondere die Einflussnahme von finanzstarken Akteuren kann entscheidenden Einfluss auf die Gesetzgebung haben, ohne dass dies für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar ist. Ein Lobbyregister mit legislativem Fußabdruck kann hier Abhilfe schaffen. Vorbilder dafür können Thüringen und Rheinland-Pfalz sein.

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Lobbygruppen, Denkfabriken, Kommunikationsberater:innen und PR-Agenturen spielen eine immer größere Rolle in Politik und Öffentlichkeit. Um ein Mindestmaß an Transparenz zu erreichen, setzen wir uns für die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters auf allen parlamentarischen Ebenen und im exekutiven Bereich für die Landesregierung, inklusive aller Ministerien, sowie der NRW Bank ein.

(Download des ausgefüllten Fragebogens)

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