Marina Weisband denkt über das unverschämterweise mit komplexen Implikationen daherkommende Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts nach. Wie üblich sind ihre Gedanken, bei aller Tiefe und Gedankenfülle stets klar und nachvollziehbar. Sie stellt außerdem eine entscheidende Frage, die sich bitte das Gericht auch hätte stellen sollen: "Wenn in Deutschland die religiöse Beschneidung verboten wird, dann werden Eltern in Grenzregionen ins Nachbarland fahren, um die Prozedur durchführen zu lassen. Im besten Fall. Im schlimmsten Fall wird der Eingriff auf Hinterzimmer verlagert, wo zweifelhafte Profis mit zweifelhaften Werkzeugen völlig jenseits aller Kontrollen an der Vorhaut von kleinen Jungen rumschneiden. Wir verwandeln damit eine weitestgehend ungefährliche, hygienische und routinierte Prozedur, die so selbstverständlich geschah, wie das Durchschneiden der Nabelschnur, in einen wirklich gefährlichen Eingriff. Wollen wir das wirklich?"
Ich hatte nach der Lektüre eine verwegene Assoziation: Warum musste ich eigentlich so plötzlich an "Dirty dancing" denken? Wegen eines verpfuschten "Engelmachens", das Grundlage für die Entwicklung des Bisschens Story war, denn wegen der Folgen des Eingriffs musste ein junges Gör plötzlich lernen, professionell Mambo zu tanzen, was dann mit viel Tanz und Dauerwelle die Kinosäle flutete. Und jetzt die Pointe: Auch die medizinische und hygienische Qualität von Abtreibungen hat unter der damals geltenden Kriminalisierung arg gelitten. Wollen wir das für Beschneidungen jetzt nachmachen?
Wer sein Kind absichtlich an den Genitalien so stark verletzt, dass es ins Krankenhaus muss, kann mit einem Entzug des Sorgerechts, einer Gefängnisstrafe, und einer öffentlichen Brandmarkung als Triebtäter rechnen.
Wenn die "Gutmenschen" nicht bald einmal den Verstand einschalten, wird das sehr böse enden. Man braucht sich bloß ansehen, wie schlecht das Image der katholischen Kirche heute ist.